#10dingedieichanmirmag

10dingedieichanmirmagUnter dem Hashtag #10dingedieichanmirmag wurden heute auf Twitter ganz unterschiedliche, aber sehr persönliche Listen gepostet. Die Twitterin Sternkind (@ninelangelo) gab den Anstoß mit ihren eigenen Top 10.

Viele schrieben ihre 10 Punkte, was ihnen an sich selber gefällt auf. Und vereinzelt war auch zu lesen, dass dies gar nicht so einfach war, aber letztendlich ein sehr befriedigendes Gefühl hinterließ.

Als ich mir, noch ohne Stift und Papier zur Hand zu nehmen, kurz was überlegen wollte, spürte ich großen Widerstand. Die ersten gedanklichen Punkte strich ich sofort wieder. Und schlimmer, mir fielen nur lauter Dinge ein, die ich nicht so an mir mag aus der Abteilung Neujahrsvorsätze, Fastenvorsätze & Co.

Das Negative zu sehen, das fällt mir – und wohl nicht nur mir – offensichtlich viel leichter, als die positiven Dinge im Leben und an einem selber wahrzunehmen und dann auch noch zu notieren.

Vielleicht liegt es aber auch daran, dass das Spektrum des Negativen, des nicht vollkommenen, um so ein Vielfaches größer ist, als das Perfekte, das Vollkommene. Perfekt, das ist die Punktlandung. Da gibt es keinen Korridor. Alles was davon abweicht, ist unperfekt in allen Schattierungen.

Eigenlob stinkt …

#10dingedieichanmirmag – ich fühle, es gäbe zwei Listen. Eine Liste, die ich öffentlich machen würde. Und eine – vielleicht wahre(re) – Liste, die ich für mich behalte. Denn bei einer öffentlichen #10dingedieichanmirmag – Liste, höre ich gleich das Teufelchen der sozialen Erwünschtheit im Kopf herumtanzen. Bekommen wir nicht schon als kleine Kinder in der Schule eingebläut, dass Eigenlob stinkt? Es gilt nur das zensurmäßig abgestufte Lob der Lehrer. Alles, was nicht 1.0 ist, ist nicht Spitze. Für eine subjektive Einschätzung, was ich an mir mag, bleibt da kein Platz. Das große Über-Ich richtet streng über den Bauch. »Bilde dir mal nichts ein!« Und das Über-Ich ist oft genug auch viel strenger als unsere Umwelt. Unsere unerbittlichsten Antreiber sind wir liebend gerne selber.

„Ich bin ein guter Zuhörer.“ Wirklich? Immer? Unter allen Voraussetzungen? Bei jedem? So geht es dann mit jedem Punkt. Nein, wir machen es uns nicht leicht.

… oder doch nicht?

»Wir können es nie allen Recht machen. Nicht einmal den verschiedenen Facetten unserer Persönlichkeit.« So schrieb ich es vor Monaten mal auf Twitter. Nun, wir müssen uns vielleicht klar werden, wo unsere eigene Haltung steckt. Was ist meine tiefsitzende Meinung zu meinen Fähigkeiten, meinen Charaktereigenschaften? Und warum äußere ich die nicht öffentlich? Warum scheue ich mich, sie schriftlich zu fixieren? Welcher meiner Stimmen im Kopf schenke ich wann Glauben?

Manchen Medien sind „sozialer“ als andere. 
Auf Twitter sind nun einige handschriftliche und getippte Listen zu sehen. Das für sehr viele Nutzer anonyme Medium bietet den Freiraum, den geschützten Freiraum, einmal offen zu seinen selbst wertgeschätzten Eigenheiten zu stehen.
Und so ist #10dingedieichanmirmag ein schöner Beleg dafür, dass soziale Medien manchmal ihre Stärke gerade da ausspielen, wo sie nicht auf Klarnamenpflicht beharren. Twitter unterscheidet sich im Grad der Intimität stark von Facebook. Und das auf eine wohltuende Art und Weise.

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#10dingedieichanmirmag – das ist mehr als eine nur im therapeutischen Kontext bei der Behandlung von Selbstwertproblemen hilfreiche Liste. Denn sonst wäre sie für jeden leicht(er) zu erstellen.

Danke für den Impuls an Sternkind aka @ninelangelo.

Gutes Nachdenken, gutes Notieren.

Und: Nein, meine Liste steht noch nicht.
Und: Nein, ich werde sie hier wohl nicht veröffentlichen.

Und überhaupt: Es fiele mir viel leichte, diese Liste über jemanden anderes zu schreiben. Sogar über „wildfremde“ Leute auf Twitter. Manchmal hilft Distanz.

 

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