2017-3 Gelesen: Tage der Nemesis

1921, der Genozid an den Armeniern, türkische und armenische Exilanten in Berlin, politische Morde, eine instabile Demokratie mit alten kaiserlichen Denk- und Verhaltensmustern und ein im ersten Weltkrieg traumatisierter Kommissar, der seine tägliche Dosis Morphium gespritzt braucht. Dazu noch die armenische Geheimorganisation „Nemesis“, welche die für den Genozid Verantwortlichen töten will.

Es ist eine anfangs verwirrende Mischung, die Martin von Arndt in seinem Roman (besser: Kriminalroman) auf Papier bringt. Aber angesichts der kürzlich im deutschen Bundestag verabschiedeten Armenien-Resolution und der heftigen Reaktion der türkischen Regierung darauf, eine auch heute noch sehr aktuelle. Die Fakten hat der Autor akribisch recherchiert, daher ist der Roman, so schreibt er in seinem Vorwort, eine „Doku-Fiction“. Sehr vieles im Buch beruht auf realen Begebenheiten, von Arndt recherchierte unter anderem in Berliner Polizeiakten.

Nach einem für meinen Geschmack etwas zähen Start mit zuviel Beschreibung der Örtlichkeiten und überzeichneten Personen, gewinnt der Roman schnell an Fahrt und Spannung. Die Charaktere bekommen eine glaubwürdige Kontur, man identifiziert sich mit dem italophilen Ermittler Eckart. Der Leser taucht in das Berlin der frühen Zwanziger ein, in das Milieu aus Nachkriegsnot, Reparationszahlungen und Geheimdiplomatie.

Es ist ein spannender und schön zu lesender Kriminalroman, welcher Lust auf seinen Nachfolger „Rattenlinien“ macht, der 1946 spielt und erst kürzlich erschienen ist.

Mein erster Lesetipp 2017:

Martin von Arndt: Tage der Nemesis, ars vivendi Verlag, 2014, 309 Seiten, auch als eBook erschienen.

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