2017-25: Nigeria ist weit

Gestern stand auf Spiegel Online, dass es in Nigeria Dörfer gäbe, in welchen keine Kleinkinder mehr leben würden. Millionen Menschen sind vom Hunger bedroht, Zitat:

„Elf Millionen Menschen brauchten dringend Hilfe, sagte er(*). Bei gut sieben Millionen von ihnen herrsche „ernste Nahrungsmittelunsicherheit“ – sie leben also von einer Mahlzeit am Tag, wenn überhaupt. 515.000 Kinder seien bereits oder in Kürze „ernstlich und akut unterernährt“. Ohne Hilfe würden sie sterben.

(*Toby Lanzer, Westafrika-Koordinator der Uno-Nothilfeorganisation (Ocha))

Quelle: http://www.spiegel.de/politik/ausland/nigeria-sieben-millionen-menschen-von-hunger-bedroht-a-1131577.html

Doch in welchen Zeitungen liest man davon? Wo sind die TV-Appelle? Es ist so frustrierend, wenn auf Twitter, Facebook & Co. tausendfach wiederholte Spaß-Videos von Trump kursieren, gleichzeitig tausende, hunderttausende dem Hungertod entgegen sehen.

Nein, ich mache niemandem die Trump-Tweets zum Vorwurf. Vielleicht braucht es ja dieses Ventil, um der gefühlten Hilflosigkeit und Ratlosigkeit Herr zu werden.

Trotzdem: Es gibt eine Menge Leben (und Sterben) außerhalb der liebgewonnenen Filterblasen und medialen Hauptthemen. Wie müssen nur den Blick dafür frei halten. Ein bei seinen Eltern verhungertes Kind in Deutschland rührt die Nation wochenlang. Tausende verhungerte Kinder in einem afrikanischen Land sind eine Randnotiz.

Wir müssen lernen, die Augen für die Welt offen zu haben. Gerade auch für die Leidenden dieser Welt. Und – das ist für mich eine Konsequenz – wir können von unserem Wohlstand an diejenigen abgeben, für welche wir hier in einem unvorstellbaren Paradies leben. Und jede riesige Zahl von Menschen besteht aus ganz vielen Individuen, Menschen wie du, ich, meine Kinder, meine Nachbarn.

Spenden nehmen viele Hilfsorganisationen an, z.B.:

UNO-Flüchtlingshilfe

Ärzte ohne Grenzen

Welthungerhilfe

 

 

 

 

Hartz IV-Fastengruppe

Gerade lese ich von einer evangelischen Fastengruppe aus Bad Cannstatt (Stuttgart). Die Teilnehmer möchten während der Fastenzeit ab Aschermittwoch sieben Wochen lang von Hartz IV leben.

„Weitere Programmpunkte des siebenwöchigen Kurses sind unter anderem „Straßenexerzitien“. Die Teilnehmer erkunden ihr Stadtquartier, insbesondere die Orte, an denen sich arme Menschen treffen.“

„Auch ein Besuch im Tafelladen ist geplant. Vor allem geht es aber darum, dass die Teilnehmer ihre Erfahrungen austauschen und ein neues Verständnis für die Lebensumstände armer Menschen entwickeln.“

Mir ist bei diesen Versuchen immer unwohl. Jedes Jahr zur Fastenzeit stoße ich auf solche „Versuche“. Wohlsituierte Menschen versuchen sich den Lebensumständen von Armen zu nähern.

Ja, ich denke schon, dass man etwas Einblick und Verständnis für die Schwierigkeiten bekommt, die das Leben mit Hartz IV mit sich bringt.

Nein, es fehlt die existenzielle Erfahrung des Mangels dabei. Die Wohnungen bleiben gut ausgestattet. Wenn die Waschmaschine kaputt ginge, würde sie wohl ohne viel Federlesen ersetzt. Die Kinder gehen weiterhin zur Musikschule und der Urlaub bleibt gebucht.

So bleibt der schale Geschmack zurück, dass sich Armut eben nicht simulieren lässt. Genau so wenig, wie sich das Gefühl der Depression durch eine kleine Gemütsverstimmung simulieren lässt.

Fastet doch richtig. Spendet für die Hilfsangebot der Armen.