Die undurchlässige Gesellschaft

Im Januar fielen mir gleich zwei Tweets auf, welche mich bedrückt und etwas ratlos zurück ließen. Einmal ging es um ein jugendliches Mädchen, welches in einer Jugendhilfeeinrichtung lebt und nicht zu ihrem Freund kann, da dessen Eltern nicht erfahren dürfen, dass sie „Heimkind“ ist.

https://twitter.com/finallyarrived/status/951927255420325893

Und beim zweiten Tweet las ich, wie ein Kind (samt seiner Eltern) ein anderes abwertete, weil dieses mit seiner alleinerziehenden studentischen Mutter im Vergleich sehr arm wäre:

Dieses Abgrenzen nach „unten“, diese Abgrenzung von Menschen mit niedrigerem ökonomischem oder sozialem Status empört uns, die Reaktionen auf Twitter sind eindeutig. Ja, solches Denken sollte eigentlich Vergangenheit sein.

In Filmen, in der Literatur oder in autobiografischen Erzählungen freuen wir uns mit jedem Kind, welches einen Mentor findet, der es aus seinem oft ärmlichen oder gewaltgeprägten Milieu holt und die Chance zu einer positiven Entwicklung bietet. In der Theorie sind die breiten bürgerlichen Schichten sofort dabei, wenn es Kindern gelingt, Kontakt zu Familien mit höherem sozio-ökonomischen Status aufzubauen. Wir wünschen ihnen den „Aufstieg“. Zwei Beispiele fallen mir spontan ein: Einmal der Autor Peter Rosegger (Biografie auf Wikipedia) und einmal ein ehemaliger Kollege, der seine Biografie verschriftlicht hat, Volker Häberlein (Herkunft chancenlos, Eigenverlag, hier bei A.).

Wasser in den Wein, raus aus der Wohlfühlblase:

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Meine Jobs – bezahlt und unbezahlt

Auf Twitter gab es wieder einmal eine nette Frage, die erst so einfach klingt und dann doch zum Nachdenken führt. „Welche Jobs hattest Du schon?“ war sinngemäß dieses Mal die Frage (die in ähnlicher Form schon öfters durchlief, daher verzichte ich auf eine Verlinkung).

Mal sehen, ob ich die folgende Liste nachträglich noch ergänze: „Meine Jobs – bezahlt und unbezahlt“ weiterlesen

2017-21: Wieviel darf’s Geschenk denn kosten?

»Es soll ein Geschenk werden. Könnten Sie bitte das Preisschild ab machen? Und einen höheren Preis dran?«

@Maori

Preis dranlassen? Preis entfernen? Wenn es um Geschenke geht, gilt eigentlich die Regel, dass man auf keinen Fall ein Preisschild dranlassen darf. Aber billig aussehen oder wirken darf es trotzdem nicht. Deswegen werden Geschenke auch gerne aufwändig verpackt, mit bunten Papieren, Folien und Schleifen aufgewertet. In Zeitungspapier verpackte Geschenke traue ich mich nur bei zwei sehr guten Freunden aus der alten Öko-Szene zu überreichen. Und auch nur dort dürfen es sichtbar Geschenke sein, die vielleicht schon aus zweiter Hand sind – zum Beispiel bei Kinderspielzeug.

Ansonsten gilt die unausgesprochene Regel: Ein Geschenk muss angemessen sein, nicht zu billig und nicht zu teuer. Das ist oft eine Gratwanderung. Ich glaube, es sind nicht nur Kinder, die den Wert eines Geschenkes durch eine schnelle Online-Recherche in Erfahrung bringen wollen. Der Geschenk-Wert als Gradmesser für die Wertschätzung gewissermaßen. Mein Bruder bekam für x Euro, mein Freund für y Euro …

Und wenn wir, so wie @Maori oben in seinem schönen Tweet schrieb, ein preisliches „Upgrade“ vornehmen lassen? Teurer Wein mit Prämierungen schmeckt ja oft besser als das gleiche Traubengetränk in günstiger wirkender Flasche. Und manchmal wäre mir auch ein Downgrade lieber: Dann könnte ich ein teureres Geschenk einfach günstiger erscheinen lassen, um den Beschenkten nicht in eine Art von Zugzwang zu bringen, in gleicher Höhe beim nächsten Anlass zurückschenken zu müssen.

Weiter geht’s bei dem immer häufigeren „Bitte bringt nichts mit“ an Geburtstagen oder zu Weihnachten, welches manche partout nicht ertragen und doch etwas schenken. Und wehe, man hielt sich an die „Nichts-schenken-Vereinbarung“ und steht dann mit leeren Händen da. Ein doofes Gefühl.

Diese Schenkerei kann ganz schön kompliziert sein und die Theorie der Gabe hat schon viele schlaue soziologische und ethnologische Bücher gefüllt.

Am allerliebsten sind mir da doch die guten Freunde und Verwandte, bei welchen der Wert eines Geschenkes sich nicht am materiellen Wert festmacht, sondern an den Gedanken, die sich der Schenkende bei der Auswahl gemacht hat. Denn das ist weit aufwändiger, als einfach Geld auszugeben. Jedoch ist man auch da nicht aus dem Schneider, denn der Grad der Gedanken, die man sich bei einem Geschenk gemacht hat, wird – bewusst oder unbewusst – sicher auch wieder bewertet.