Ganz oder gar nicht: die 100-Prozent-Falle

Was kann man nicht alles an sich und seinem Lebensstil verbessern. Ob in Frauenzeitschriften oder Männermagazinen, ob auf Twitter oder Facebook, ob im Büro oder im heimischen Garten, überall werden wir mit Tipps beglückt. Tipps, wie wir gesünder, schneller, schöner, umweltbewusster, empathischer, andächtiger oder sportlicher werden. Und nicht nur Rat wird gegeben, sondern wir bekommen immer die passenden Vorbilder mitgeliefert, welchen nachzueifern wäre.

Nun, vielleicht ist die eine oder andere Idee wirklich hilfreich. Wir fassen Vorsätze und – nicht nur zur Neujahrszeit – setzen sie in die Tat um. Zum Beispiel soll das Auto öfter stehen bleiben und der Weg zur Arbeit mit dem Fahrrad zurückgelegt werden. Da leider nicht nur einige Kilometer, sondern knackige 150 Höhenmeter zwischen Zuhause und Arbeitsstelle liegen, wird tiefer ins Portemonnaie gegriffen und ein Pedelec (E-Bike) gekauft. Und tatsächlich gelingt es, an rund 70 von 220 Arbeitstagen des Jahres anstelle des Autos das Pedelec für den Arbeitsweg zu benutzen. 20 x wurde der Akku dafür aufgeladen, etwa 3 Euro Stromkosten fielen an. Eine halbe Badewanne voll Benzin blieb unverbrannt.
Das wäre ein Grund zur Freude und Anlass, zurecht stolz auf die Leistung zu sein, ein Drittel der Arbeitswege tretend geschafft zu haben und die Umwelt ordentlich entlastet zu haben.

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Blogparade: Ein Gegenstand, der mir etwas bedeutet

Seit gut 40 Jahren begleitet mich diese alte Reiseschreibmaschine.

Viel zu haben, gefüllte Keller und Speicher, vollgestellte Regale und überladene Schreibtische – dieses Bild scheint für viele Menschen mit einer sehr unangenehmen Vorstellung verbunden zu sein. Die Erfahrung derjenigen, welche den letzten Weltkrieg erlebten und aus dieser heraus alles horteten, denn „man weiß nie, was man noch brauchen kann“, ist für die heutige Generation des materiellen Überflusses zum Fluch geworden. Sogar Möbel, früher Inbegriff der Beständigkeit und fürs Leben angeschafft, werden – ein Blick auf den Sperrmüll am Straßenrand genügt als Beleg – zu modischen Wegwerfartikeln.

Im Internet manifestiert sich dieses Unbehagen in einer deutlich wahrnehmbaren Minimalismus-Szene und auch in den Lifestyle-Regalen der Buchhandlungen finden sich Ratgeber zum Ausmisten, Reduzieren und Aufräumen. Weniger ist besser, so die kurzgefasste Devise aus dieser Szene. Das Beispiel des Diogenes, der der Überlieferung nach sogar den Becher wegwarf, als er einen Jungen aus der Hand trinken sah, steht idealtypisch für diese Lebenseinstellung. Wenngleich sie für unsere Gesellschaft als übertrieben angesehen werden mag, doch das Ideal, zum Beispiel nur mit 100 anstelle von 10.000 Gegenständen auskommen zu können, ist häufig zu lesen.

Und in der Tat: Wer beispielsweise mit dem Fahrrad in den Urlaub fährt und zeltet, muss mit der Beschränkung auf 20-30kg Gepäck und 4-6 Radtaschen auskommen. Für einige Wochen ist dies für die meisten von uns leistbar.

Doch bei aller Konsumkritik und allem Streben nach Minimalismus – was wohl auch nur in einer Wohlstandsgesellschaft so ein Thema werden kann – gibt es auch Gegenstände, an welchen unser Herz hängt. Es gibt Dinge, welche jeden Umzug und jede Ausräum- und Ausmistaktion überleben. Das sind Gegenstände, die wir nicht unbedingt aus sozialem Druck aufbewahren müssen, wie die Vase der Erbtante oder das Getöpferte des Nachwuchses. „Blogparade: Ein Gegenstand, der mir etwas bedeutet“ weiterlesen